In den Gemäuern einer stillgelegten Fabrik erschaffen The Low Anthem ein erschaudernd sehnsüchtiges Album und eine Hommage an die verlorene amerikanische Unschuld. Beim Hören des vierten Langspielers der vier Folkrocker kommt man sich vor wie in einem Orchestergraben. Die Multiinstrumentalisten Ben Knox Miller, Jeff Prystowsky, Jocie Adams und Neuzugang Mat Davidson haben wieder einmal all ihre Second-Hand Instrumente zusammen gepackt und sich für die Produktion von 'Smart Flesh' einen besonders ausgefallenen gesucht. War es bei ihrem Vorgänger noch eine kleine Blockhütte in ihrer Heimat Rhode Island, so zog der Vierer dieses Mal in eine stillgelegte Nudelsoßenfabrik. Die 4000 m2 großen Hallen des verlassenen Fabrikgeländes waren für viele Tage ihr Zuhause. So viel vorweg - der Aufwand hat sich gelohnt. Die besondere Akustik und das originelle Produktion bringt dem Hörer die bizarre Atmosphäre des Entstehungsortes direkt in die heimischen vier Wände. Von der ersten Minuten an schallt es im melancholischen Low-Tempo durch die Fabrikhallen. Mit 'Ghost Women Blues' startet die Platte recht abrupt und man bekommt das Gefühl, als würde das Quartett schon ewig dort stehen und die flehende Hymne aus Klavierlinie und dem Duett-Gesang von Miller und Adams zelebrieren. Die später einsetzende, überaus atmosphärische Oboe deutet dabei gleich an, dass The Low Anthem wieder auf die im Folk verwurzelten Blasinstrumente setzen. War es im Opener noch der Blues, folgt im zweiten Song 'Apothecary Love' der Country. Akustik- und Slidegitarre, Kontrabass, ein schlichtes Schlagwerk und als Bonus die Mundharmonika verpackt in eine klassische Country-Hookline machen den Track zu einer Art heimlichen Schunkelhit von 'Smart Flesh'. Es folgt 'Boeing 737', für dessen ein kleiner Ausflug in die Geschichte sehr förderlich ist: Im Jahre 1974 balancierte Philippe Petit auf einem Drahteil in 417 Metern Höhe zwischen den Türmen des World Trade Centers, als würde es sich dabei um einen Sonntagsspaziergang handeln. The Low Anthem nahmen diesen geschichtsträchtigen Moment auf und interpretieren ihn mit einem gewaltigen, harmonischen Viertelscheppern, symbolisch für die Situation in der sich Petit befand - über ihm die Ruhe des Himmels und in der Tiefe das Chaos der Metropole New York. 'Boeing 737', der wohl aufregendste Song der Platte. 'Smart Flesh' stimmt nachdenklich, lässt den Hörer jedoch zugleich nach vorn blicken. Songs wie das Opener-ähnliche 'Love And Altar' oder das durch tieffrequente Streicher arrangierte 'Matter Of Time' stehen repräsentativ dafür. Auch 'Hey, All You Hippies' erscheint als munterer, euphorischer Reigen. Im 3/4 Takt und einer vordergründigen Orgel kommt dieser daher, bevor sich das Ende aufgrund einer Vielzahl von Instrumenten und der vorherrschenden Raumakustik fast ein bisschen überschlägt. Der Klang der Hallen ist auf diesem Album allgegenwärtig und kommt am besten in 'Golden Cattle' und dem von Holzbläsern dominierten Zwischenspiel 'Wire' zur Geltung, bei dem sogar das Ein- und Ausatmen der Protagonisten wahrzunehmen ist. Der Titelsong der faszinierenden LP beschließt die Hommage an die verloren gegangene amerikanische Unschuld, die The Low Anthem nicht nur mit dem Drahtseiltanz, sondern auch mit dem Sinnbild der stillgelegte Fabrik begründen. Miller zählt ein mit sympathischem Lispeln und so findet das begabte Quartett das Ende einer Platte, die mit ihrer speziellen, recht eigenartigen aber hochwertigen Qualität und ihrer getragenen Art überzeugen kann. Mit Sicherheit nichts für jedermann, lässt man sich jedoch auf das Experiment ein, wird man reich belohnt. [motor.de]
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